Ritalin: Medikament oder Rauschmittel?

Ritalin wird in der modernen Medizin seit über 50 Jahren an ADHS-Patienten verschrieben. Daneben ist der Missbrauch besonders unter Schülern und Studenten verbreitet – um bei Prüfungen einen klaren Kopf zu bewahren oder um einen euphorisierenden Zustand zu erreichen. Nicht zuletzt wird es oft in einem Atemzug mit Kokain und Amphetamin genannt. Doch wie kann ein scheinbar harmloses Medikament solch unterschiedliche Wirkungen haben?

Der Wirkstoff von Ritalin, Medikinet & Co. nennt sich Methylphenidat. Chemisch gesehen ist er, ähnlich wie viele andere stimulierende Substanzen (zB. MDMA, Ephedrin, Methamphetamin), nah mit den Amphetaminen verwandt, da diese Stoffe alle Derivate der Stammverbindung Phenylethylamin sind.

Drei unterschiedliche Moleküle

v.l.n.r.: Jeweils ein Molekül Amphetamin, Phenylethylamin und Methylphenidat zum Vergleich

Wirkung auf an ADHS erkrankten Personen

Als Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung oder kurz ADHS, bezeichnet man eine psychische Störung, die meist im Kindesalter auftritt. Die hauptsächlichen Symptome sind bereis im Namen enthalten, eine Behandlung erfolgt heutzutage vorwiegend mit Methylphenidatpräperaten.

Dopamin

Dopamin

Die Frage, welche Anomalien bei erkrankten Patienten für ADHS verantwortlich sind, ist bis heute nicht übereinstimmend geklärt. Die vorherrschende Theorie ist jedoch, dass der Haushalt der körpereigenen Botenstoffe Dopamin, Serotonin und Noradrenalin im Gehirn gestört ist, bzw. diese eine überaus hohe Aktivität aufweisen.

Methylphenidat wirkt nun in erster Linie als Inhibitor (Hemmstoff) für die Transportsysteme dieser Botenstoffe, was zum Beispiel zu einem etwa 10fachem Anstieg der Dopaminkonzentration führt. Der Körper „bemerkt“ diese Veränderung und schränkt die körpereigene Freisetzung von Dopamin entsprechend ein.
Dadurch wird es dem Patienten ermöglicht, sich ruhiger auf bestimmte Dinge zu konzentrieren, ohne Gefahr zu laufen, leicht von unerwünschten Reizen abgelenkt zu werden.

Der geringe Anstieg der Dopaminkonzentration (ca. um das 10fache) wirkt dabei längst nicht euphorisierend, selbst starke, emotionale Aufregung kann die Konzentration von Dopamin auf das 1000fache ansteigen lassen.
Außerdem die Abhängigkeitsgefahr bei fachgerechter Behandlung (besonders bei Kindern) äußerst niedrig.
Lediglich das unsachgemäße, schlagartige Absetzen von Methylphenidat stellt, besonders nach langfristiger Einnahme, eine große Gefahr dar: Heißhungerattacken, Depressionen, suizidale Psychosen und nicht zuletzt Dauererektionen können ernstzunehmende Folgen sein.

Wirkung als Rauschmittel

Im Gegensatz zur konventionellen Einnahme (peroral) wird Methylphenidat bei missbräuchlicher Verwendung meist nasal oder intravenös appliziert, was noch einige, zusätzliche Gefahren birgt. Durch die hohe Dosis wird die Wirkung als Dopamin-Wiederaufnahmehemmer massiv verstärkt, was zu einer regelrechten Anhäufung von Dopamin und so zu einer Überflutung der entsprechenden Rezeptoren im Gehirn führt.

Was folgt, ist das hauptsächlich dopaminbedingte „High“, vergleichbar mit dem stimulierenden Effekt von Kokain oder Amphetaminen – stark euphorisierend und antriebssteigernd. In mäßigerer Dosierung kann der von Studenten gewünschte Effekt der besseren Konzentrationsfähigkeit eintreten, wenngleich auch in geringerer Intensität als bei an ADHS erkrankten Personen. Auch das Bestreben, schlafen zu gehen, wird unter anderem kurzzeitig verringert.
Obwohl das Abhängigkeitspotential vergleichsweise gering ist, sind die Folgeschäden und die Ausweitung der Toleranz dennoch beachtlich.

Auch wenn die Langzeitwirkung noch nicht vollständig untersucht wurde, soll Methylphenidat neueren Studien zufolge, allerdings dazu beitragen, dass weitere Synapsen, also Verbindungsstellen im Gehirn, geschaffen werden. Damit würde es sogar aktiv am Lernvorgang teilhaben – aber bei unsachgemäßer Anwendung und den zahlreichen, damit verbundenen Nebenwirkungen, dennoch gefährlich bleiben.

Quellen

~ Marcus